Am Abend (Montag) hat eine neue Ausstellung des Landtages und der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) Eröffnung gefeiert – und das erstmals auch wieder mit Publikum: „Vom Grenzkampf zur kulturellen Freiheit – 100 Jahre Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland“ ist ein kooperatives Ausstellungsprojekt des Danevirke Museums (Dannewerk/Danevirke) und des Deutschen Museums Nordschleswig (Sønderborg/ Sonderburg). Die Schau würdigt die besondere Kulturlandschaft im Grenzgebiet, gibt einen Überblick über die historischen Ereignisse – und richtet vor allem den Blick auf die Menschen der Region.
In großformatigen Porträts, schriftlichen Statements und Videos kommen Angehörige der nationalen Minderheiten beiderseits der Grenze zu Wort. „Eine Ausstellung über eine Grenzregion und nationale Minderheiten ist eine Seltenheit, wenn die Minderheiten auf beiden Seiten und beider Länder daran mitgewirkt haben“, hob die Vizepräsidentin des Landtages Kirsten Eickhoff-Weber bei der Eröffnung im Plenarsaal hervor und ergänzte: „Das Miteinander steht heute in doppelter Hinsicht im Fokus – das Miteinander, das die Schau zeigt, und das Miteinander dieses Abends, auf das wir so lange verzichten mussten und das endlich wieder möglich ist.“
Ursprünglich sollte die Ausstellung im März 2020 anlässlich des Jubiläums der Volksabstimmung zur friedlichen Grenzziehung zwischen Deutschland und Dänemark gezeigt werden, musste aufgrund der Corona-Pandemie aber verschoben werden. „Was die zwei Museen im Landeshaus zeigen und auf sehr besondere Weise anschaulich machen – die 100-jährige Geschichte der deutschen und dänischen Minderheit –, ist aber ohnehin zeitlos und zeitlos aktuell“, sagte Eickhoff Weber. „Und was sie darüber hinaus zeigen, ist das Verbindende, das Grenzüberschreitende. Dass das fester Bestandteil der Identität des heutigen Landes Schleswig-Holstein ist, das gerade seinen 75. Geburtstag gefeiert hat, führt die Ausstellung besonders anschaulich vor Augen.“ Neben dem Miteinander, das die Schau zeige, stehe aber auch das Miteinander des Abends im Fokus.
Erk Westermann-Lammers, Vorsitzender des Vorstandes der Investitionsbank Schleswig-Holstein, betonte zu Beginn der Vernissage: „Das Danevirke-Museum und das Deutsche Museum Nordschleswig bewahren ein wichtiges kulturelles Erbe unserer Region. Sie zeigen uns auch, dass wir uns immer wieder aufs Neue für Frieden und Freiheit einsetzen sollten. Damit leisten sie einen unverzichtbaren Beitrag zur Völkerverständigung.“
Auch die Vorsitzenden der Minderheitenorganisationen beiderseits der Grenze richteten anlässlich der Ausstellungseröffnung ein Grußwort an die rund 80 Gäste. Gitte Hougaard-Werner, Vorsitzende des Sydslesvigsk Forening, bezeichnete die Ausstellung der zwei Minderheitenmuseen im Landeshaus „als starken und wichtigen Ausdruck dafür, wie weit wir gemeinsam gekommen sind. Die Minderheiten sind zweifelsohne Teil der Geschichte, der Gegenwart und der Zukunft Schleswig-Holsteins sowie des Grenzlandes.“ Sie sei dankbar für die friedliche Situation und das gute Miteinander. „Und ich hoffe, dass allen bewusst ist, wie außergewöhnlich das ist.“
Dem schloss sich der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger Hinrich Jürgensen an: „Unser Zusammenleben heute ist das, was von zentraler Bedeutung ist. Und steht deswegen im Fokus unserer gemeinsamen Bewerbung um die Anerkennung des deutsch-dänischen Minderheitenmodells als immaterielles Kulturerbe bei der UNESCO.“ Es gelte, Aufmerksamkeit für die Lebensbedingungen zu schaffen „in diesem gemeinsamen Raum, den wir Heimat nennen.“ Auch dazu könne die aktuelle Ausstellung beitragen, so Jürgensen.
Die Schau zeige die bekannte Erfolgsgeschichte der deutschen und dänischen Minderheiten, erläuterten die Museumsleiter Lars Erik Bethge (Danevirke Museum) und Hauke Grella (Deutsches Museum Norschleswig). „Aber es finden sich auch große und kleine Geschichten, die davon erzählen, wie mühsam es war, bis die Abstimmungen von 1920 im deutsch-dänischen Grenzland ihre volle Wirkung entfalten konnten.“ In dem Ausstellungsprojekt könnten die vielen Dimensionen des Verhältnisses zur Grenze, zwischen Mehrheit und Minderheit, zwischen Mehrheit und Mehrheit und nicht zuletzt zwischen Minderheit und Minderheit entdeckt werden, so Bethge und Grella. Dieses vielschichte Verhältnis spiegele auch der zweite Teil, eine Fotoausstellung mit dem Titel „Gesichter 2020“ / „Ansigter 2020“ wider. „Die Bilder zeigen eine Reflektion über die eigene kulturelle Identität und die Vielfalt im Grenzland, die in dieser Form nur den Minderheiten eigen ist“, erklärten die Museumsleiter. Sie hofften, dass in den kommenden Wochen möglichst viele Interessierte die Schau im Landeshaus besuchen könnten, so Grella und Bethge übereinstimmend. „Denn wenn man eines aus den letzten 101 Jahren lernen kann, dann das: Jede Epoche braucht ihre Generation, die mit Engagement, kulturellem Verständnis und Feingefühl an diesem gemeinsamen Projekt weiterbaut, damit es auch in Zukunft eine gemeinsame Erfolgsgeschichte bleibt.“
Musikalisch begleiteten Lene Krämer und Joachim Roth den Abend – mit deutsch- und dänischsprachigen Liedern wie dem „Ostseelied“ von Hildegard Knef oder „Smuk som et stjerneskud” von den Olsen Brothers.
Das Danevirke Museum und das Deutsche Museum Nordschleswig hatten die Schau anlässlich des Jubiläumsjahres 2020 für das Landeshaus entwickelt – sie war eine der ersten Veranstaltungen, die pandemiebedingt abgesagt werden mussten. Mit dem heutigen Abend schließt sich gewissermaßen ein Kreis: Zur Vernissage hatte der Landtag erstmals wieder Publikum eingeladen.
Die Ausstellung ist Teil der gemeinsamen Reihe „Kulturland Schleswig-Holstein“ des Landtages und der IB.SH. Sie kann vom 14. September bis zum 17. Oktober täglich von 10 bis 18 Uhr unter Einhaltung der aktuellen Hygiene- und Abstandsregelungen von Einzelpersonen besucht werden. Der Eintritt ist frei, lediglich ein amtlicher Lichtbildausweis ist erforderlich. Ein barrierefreier Zugang ist gewährleistet.
Das Danevirke Museum befindet sich unmittelbar am Hauptwall des Danewerks. Gezeigt wird eine ständige Ausstellung zur historischen Grenzanlage und eine Informationsausstellung zum gesamten UNESCO- Welterbe Haithabu-Danewerk. Darüber hinaus wird in zwei weiteren Ausstellungen die Bedeutung der Wallanlagen im deutsch-dänischen Krieg von 1864 sowie die Geschichte der dänischen Minderheit von 1864 bis in die Gegenwart dokumentiert.
Vielfalt und Identität sind starke und globale Themen, die auch ein Teil der Geschichte der deutschen Minderheit sind. Mit Fokus auf diesen Begriffen wird die Geschichte vom feindlichen Gegeneinander im 19. Jahrhundert bis zum friedlichen Miteinander in der Gegenwart erzählt. Die Ausstellung des Deutschen Museum Nordschleswig umfasst authentische Geschichte, Identitätskrise und Identitätsfragen hin zu einer besonderen kulturellen Vielfalt.