Landesprogramm Arbeit
Abheben Richtung Zukunft
Ein Segelflugzeug zieht am Himmel über Ratzeburg dahin, lautlos und elegant, der Inbegriff von Freiheit. Für die Jugendlichen, die der ASK 13 mit den Augen folgen, radiert dieser Flug das Stigma „nicht ausbildungsfähig“ aus. Ein Urteil, das schwer wiegt wie Blei und das sie an die Produktionsschule der Domstadt gebracht hat. Zum Glück, denn der Probeflug des Seglers ist das Resultat ihrer Arbeit und markiert eine wichtige Etappe auf dem Weg vom „Problemfall“ zu einem verantwortungsvollen Jugendlichen mit Zukunftsaussichten.
Rückblende: Ein Nachmittag im kalten März. Noch steht der Doppelsitzer in der Werkstatt, das stählerne Skelett nicht vom Bezugsstoff verhüllt, die hölzernen Tragflächen bloßgelegt. Walid Akeel lackiert sorgsam die Sperrholzoberfläche. Seit drei Monaten arbeitet er im Segelflugzeugbau der Jugendbildungsstätte, kurz JuBi genannt: „Es macht Spaß“, sagt der junge Mann. Der Einstieg in das traditionelle Flugzeugbauerhandwerk ist ihm nicht schwergefallen: „Der Meister erklärt uns, was wir tun müssen, und das ist gut zu verstehen“, meint er. Sein Berufswunsch steht fest: „Ich will Segelflugzeugbauer oder Autolackierer werden.“
Die Quote derer, die in Ausbildung oder auf eine weiterführende Schule vermittelt werden können, ist hoch: „Wir haben 40 Plätze, durchschnittlich bleiben die jungen Leute elf Monate bei uns. Jährlich durchlaufen etwa 60 bis 70 Jugendliche unsere Schule“, erläutert Alexander Willberg, Geschäftsführer der BQG Personalentwicklung GmbH, der die JuBi als Teilbetrieb angehört.
"In 300 Metern Höhe bekommen Verantwortung und Teamwork eine ganz konkrete Bedeutung", beschreibt der Geschäftsführer die Idee hinter dem einzigartigen Erlebnis.
Willberg war vor zehn Jahren die treibende Kraft, als es darum ging, für die zu gründende Schule ein marktfähiges Produkt zu finden. Der passionierte Segelflieger und Fluglehrer setzte auf die Restaurierung von Segelflugzeugen und sicherte der JuBi so eine Alleinstellung unter den Produktionsschulen. Die Aufträge kommen aus ganz Deutschland, mehr als 20 Flugzeuge haben die Werkstatt bisher verlassen: „JuBi ist ein Markenname unter Fliegern“, merkt Willberg stolz an. Dieser Erfolg ist für die daran beteiligten Jugendlichen eine gänzlich neue Erfahrung.
Die Arbeit gliedert sich in drei Bereiche: Metall- und Holzwerkstatt sowie Hauswirtschaftszweig sind gleichermaßen Bausteine des gemeinsamen Projektes. Die jungen Erwachsenen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren lernen zu schweißen, saubere Zapfverbindungen zu fertigen und nebenbei ihren Alltag zu strukturieren. Das unbestrittene Highlight aber ist die Möglichkeit, zu fliegen: „Wer mitbaut, wird auch mitfliegen“, sagt Fluglehrer Willberg. Während der Flugsaison von Ostern bis Oktober heben die Schülerinnen und Schüler der JuBi ab.
Ein Konzept, das über die Förderung durch das Landesprogramm Arbeit realisiert werden kann. Rund 557.000 Euro aus Landesmitteln und Mitteln des Europäischen Sozialfond wurden dafür zwischen 2014 und 2016 bewilligt. Für die Laufzeit 2017/2018 waren es insgesamt 510.000 Euro.
Die Investitionsbank Schleswig-Holstein ist mit der gesamten Abwicklung des Landesprogramms Arbeit beauftragt: Dass man dabei getrost groß denken darf, zeigt der Werdegang von Thomas Friedrich: Der 27-Jährige hat nach seiner Zeit in der JuBi eine Zimmererlehre und das Fachabitur gewuppt und ist heute Anleiter in der Holzwerkstatt der Produktionsschule.
(Stand 2018)
„Die Zusammenarbeit mit der IB.SH läuft prima. Wenn wir Fragen haben, wird das persönlich besprochen. Diese Begleitung durch die IB.SH ist wichtig, denn dies ist kein Standardprojekt. Der Erfolg hängt davon ab, dass die handelnden Akteure sagen: Wir wollen das zum Laufen bringen.“Alexander Willberg, Geschäftsführer der BQG Personalentwicklung GmbH