Die klimaneutrale Kommunalverwaltung
Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, wurden weltweit verschiedene Klimaschutz-Zielsetzungen erarbeitet. Auf der 21. internationalen Klimakonferenz 2015 in Paris haben sich die Staaten der Vereinten Nationen (UN) auf das Ziel verständigt, die Erderwärmung auf 1,5°C gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen und neben der Minderung der Treibhausgasemissionen die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel zu stärken. Der europäische Green Deal aus dem Jahr 2019 sieht die Treibhausgasneutralität der Europäischen Union bis 2050 vor. Das deutsche Bundesklimaschutzgesetz strebt an, diese Zielsetzung bereits bis 2045 zu erreichen. Zuvor sollen die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 65% und bis zum Jahr 2040 um 88% gegenüber dem Jahr 1990 reduziert werden.
Die Ziele und Maßnahmen des Landes Schleswig-Holstein als Beitrag zum Erreichen der nationalen Ziele sind im Energiewende- und Klimaschutzgesetz (EWKG) festgehalten. Darüber hinaus sieht der aktuelle Koalitionsvertrag des Landes Schleswig-Holstein Klimaneutralität bereits bis 2040 vor.
Mehr zu den rechtlichen Grundlagen erfahren Sie hier.
Klimaneutralität beschreibt den Zustand, in dem durch Prozesse und Tätigkeiten das Klima nicht beeinflusst wird.
Dies kann erreicht werden, indem keine durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen entstehen oder durch entsprechende Kompensationen die Treibhausgase bilanziell gesehen bei null liegen.
- Grundsätzlich gilt es jedoch folgende Priorisierung zu verfolgen: CO2-vermeiden>vermindern>kompensieren
Mehr zu CO2-Kompensationen erfahren Sie im Folgenden.
Die kommunalen Treibhausgasemissionen:
Damit die ambitionierten Klimaschutzziele erreicht werden können, müssen auch die Kommunen ihren individuellen Beitrag leisten. Daher ist es unerlässlich, dass sich Kommunalverwaltungen mit den eigenen Emissionen auseinandersetzen und Wege suchen, diese zu reduzieren. Dadurch kann die öffentliche Hand ihrer Vorbildfunktion gerecht werden und Impulse für weitere positive Effekte auf die Allgemeinheit geben.
Treibhausgasemissionen entstehen bei vielen Prozessen und Tätigkeiten des kommunalen Wirkens, z.B. durch
- den Betrieb der Kommunalverwaltung und aller öffentlichen Liegenschaften
- die Arbeitswege aller Mitarbeiter
- Dienstreisen
- die Durchführung von Veranstaltungen
- das kommunale Bauwesen
Warum es einer kommunalen Treibhausgasbilanzierung bedarf:
Die Treibhausgasbilanzierung stellt die zentrale Methode zur systematischen Erfassung des kommunalen Emissionsaufkommens dar.
- Sie bildet die Menge an unterschiedlichen Emissionen je Sektor/Quelle ab.
- Entsprechende Informationen und Angaben sind für einen Nachhaltigkeitsbericht (z.B. nach dem DNK-Berichtsstandard) notwendig.
- Auf Basis der Auswertung der Emissionsquellen und der jeweiligen Menge können strategische Handlungsempfehlungen erarbeitet werden, die dann in eine Nachhaltigkeitsstrategie einfließen können.
Im ersten Schritt (vor der Bilanzierung) bedarf es der Festlegung der sogenannten System- und Bilanzgrenzen:
- Diese legen z.B. fest, welche Liegenschaften und Organisationseinheiten berücksichtigt werden und wie verschiedenen Emissionsquellen erfasst werden.
- Neben der Erfassung der direkt durch den Betrieb der kommunalen Verwaltung entstehenden Emissionen muss ebenfalls geregelt werden, wie mit indirekten Emissionen (z.B. mit Emissionen die durch den Stromverbrauch und die Wärmeerzeugung anfallen) und Emissionen aus vor- und nach gelagerten Prozessen, wie z.B. Dienstreisen, umgegangen wird.
Auf der Seite der Energie- und Klimaschutzinitiative Schleswig-Holsteins gibt es verschiedene Leitfäden zur kommunalen Treibhausgasbilanzierung sowie dessen Systematik. Darüber hinaus finden Sie dort ein Beratungsangebot der Energieagentur der IB.SH rund um das kommunale Klimaschutzmanagement und die Treibhausgasbilanzierung.
Mit dem internetbasierten Tool „Klima-Navi“ steht den Kommunen Schleswig-Holsteins ein kostenloses Tool zur CO2-Bilanzierung zur Verfügung. Mehr über das Tool "Klima-Navi" erfahren Sie hier.
Freiwillige CO2-Kompensationen
CO2-Kompensation ist eine freiwillige Möglichkeit um nicht vermeidbare Emissionen bilanziell auszugleichen.
Hierfür werden bestimme Maßnahmen, bei denen Treibhausgasemissionen reduziert werden, wie z.B. Aufforstungsprojekte, finanziert und dann entsprechende Zertifikate über die eingesparten Emissionsmengen ausgegeben.
Damit die durch die Kompensationsprojekte eingesparten Emissionen in der kommunalen Emissionsbilanz angerechnet werden können, müssen diese zwei Bedingungen erfüllen:
- Es muss gewährleistet sein, dass das Projekt ohne die Kompensationszahlung nicht umgesetzt worden wäre – dies ist das s.g. Zusätzlichkeits-Kriterium.
- Es muss außerdem eine Doppelanrechnung der CO2-Kompensation in der nationalen sowie eigenen (kommunalen/unternehmerischen) Bilanz vermieden werden.
Mit der seit 2021 geltenden Regelung des „Paris Agreements“ besitzen nun nicht nur Industrieländer, sondern auch alle Entwicklungs- und Schwellenländer sogenannte „Nationally Determined Contributions“ (NDCs) in denen die eigenen Klimaschutzbeiträge definiert sind.
In Deutschland ist es so geregelt, dass sämtliche CO2-Kompensationen automatisch in der nationalen NDC ausgewiesen werden und somit bereits bilanziell verbucht sind. Daher ist es faktisch nicht möglich sich CO2-Kompensationen aus Projekten innerhalb Deutschlands in der eigenen kommunalen Emissionsbilanz anrechnen zu lassen! Darüber hinaus erfüllen die meisten Projekte in Deutschland nicht das Zusätzlichkeits-Kriterium.
Anders hingegen handhaben es viele Entwicklungsländer im globalen Süden. Hier ist in der Regel das Zusätzlichkeits-Kriterium erfüllbar. Außerdem treffen diese oft Vereinbarungen (s.g. „Corresponding Adjustments“) in denen sich die Länder, in denen die Kompensationsmaßnahmen stattfinden, verpflichten die eingesparten Emissionen nicht in ihren nationalen NDCs auszuweisen. Somit ist es für Kommunen oder Unternehmen möglich Emissionszertifikate aus entsprechenden Projekten zu erwerben und sich diese in der eigenen Bilanz anzurechnen.
Entsprechende Corresponding Adjustments liegen weder für Deutschland noch andere europäische Staaten vor.
Daher erfolgen die meisten Kompensationsprojekte im globalen Süden!
Dennoch lassen sich selbstverständlich auch regionale Klimaschutzprojekte innerhalb Deutschlands oder Schleswig-Holsteins realisieren.
Hierbei muss lediglich beachtet werden, dass sich die dort geleisteten Emissionsreduzierungen nicht in den eigenen Bilanzen anrechnen lassen, da diese bereits automatisch in der Deutschen Klimabilanz erfasst werden (siehe Problem der Doppelanrechnung).
Der Vorteil dieser zusätzlichen regionalen Projekte liegt darin, dass neben einem Beitrag zur Klimaneutralität in Deutschland auch eine stärkere Auswirkung entsteht.
Somit können besonders Kommunen mit regionalen Projekten ihrer Vorbildfunktion gerecht werden.
Grundsätzlich gilt, dass bei der Klimawirksamkeit, eines für die Kompensation genutzten Projekts, darauf geachtet werden muss, dass es von anerkannten Institutionen zertifiziert ist und entsprechenden Standards, wie dem „Gold Standard“, entspricht.
Weitere Informationen rund um freiwillige CO2-Kompensationen können Sie der Deutschen Emissionshandelsstelle und dem Umweltbundesamt entnehmen.
Bei Fragen hilft
Joachim Krabbenhöft
Machbarkeitsstudien, Wirtschaftlichkeitsanalysen